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Eröffnung der Freiburger Universitätsbibliothek
Ein Nutzer berichtet

Pünktlich um zehn Uhr dreißig am 21. Juli 2015 öffneten sich die Türen der neuen Universitätsbibliothek, und die Studierenden stürmten das Gebäude. Der Probebetrieb beginnt, zwar ohne Sektempfang, dafür nach Übergabe von Büchern aus der sieben Jahre als Ausweichquartier genutzten Stadthalle an Rektor Hans-Jochen Schiewer und UB-Direktorin Antje Kellersohn. Ich steuere geradeaus auf die Garderobenschränke zu, doch die sind derzeit nur mit UniCard nutzbar und ich habe als Externer nur einen Bibliotheksausweis. Ich darf den Rucksack mitnehmen. Später hole ich mir an der Infotheke gegen ein Pfand einen elektronischen Chip und nutze eines der 45 Fächer für Gäste.

Das Gate passierend, das Alarm schlagen würde, hätte ich ein nicht verbuchtes Buch in meinem Rucksack, betrete ich den Lesesaalbereich in der südlichen UB-Hälfte und fahre in das fünfte Obergeschoss. Mitarbeiter der Verwaltung, die dort ansässig ist, schicken uns jedoch gleich einen Stock tiefer. Vor den Aufzügen das offene Treppenhaus mit Tageslicht und Blick bis ins erste Untergeschoss. Diese großzügige lichte Weite erinnert mich immer ein wenig an die in den 1960 Jahren noch existierenden Rolltreppenhäuser der Kaufhäuser mit Lichthof. Das Gute kehrt zurück.

Auch sonst bleibt der Eindruck von heller Freundlichkeit, selbst die kaum verkleideten Betondecken stören nicht. Auf anthrazitfarbenem Teppichboden stehen weiße Lesetische, wo nur das Gegenüber durch eine niedrige Trennwand abgeschirmt ist. Manchen Studierenden fehlen die seitlichen Wände. Die geschwungen Leselampen gegeneinander verdreht bringen einen Hauch von Jugendstil in das sonst sachliche Design, was nicht jedem gefällt. Ich mag Kontraste. Die Sitzgelegenheiten, helle Holzstühle, hellgraue Sessel sowie braune Lederbänke, beide mit unterschiedlich hohen Rückenlehnen sind funktionell und bequem.

Die schräge Fassade überrascht mich von innen. Keine toten Flächen, denn schließlich hat sie weniger Neigung als eine gewöhnliche Dachschräge. Schräge Säulen gibt es nur am Rand in Fassadennähe, so dass der befürchtete „Seegangseffekt“ ausbleibt. Trotz weniger umbautem Raum hat die neue UB mehr Nutzfläche als die alte. Es herrscht ein angenehmes Raumklima im ganzem Haus und trotz der britzelnden Julisonne ist es hinter den Fenstern kaum wärmer als im Schatten.

Nur ganz allmählich nimmt der Geräuschpegel in den vier Lesesälen ab, in denen eigentlich eine stille Arbeitsatmosphäre herrschen sollte ab, doch man hat Nachsicht an diesem ersten Tag. Getrennt durch Glaswände befindet sich der laute Bereich für Arbeitsgruppen, das sogenannte Parlatorium in der nördlichen Hälfte. Ein Übergang ist nur im Erdgeschoss gedacht, denn die Verbindungs- und Fluchttüren sind alarmgesichert. Doch immer wieder durchdringt ein nervender Pfeifton die unmittelbare Umgebung und UB-Mitarbeiter sind damit beschäftigt die Ruhe wieder herzustellen. Wie gesagt, es ist Probebetrieb.

Im ersten Untergeschoss ist der Ausleihbereich (früher Freihandbibliothek genannt), wo die Bücher selbst aus dem Regal genommen werden und selbst verbucht werden. Dort treffe ich auf einen alten Bekannten, Peter Dreher auf seinen Selbstbildnissen, die früher an der Außenfassade der alten UB angebracht waren. Eine weitere Reminiszenz an das alte Gebäude erwartet mich im Treppenhaus, der sandsteinrot gestrichene Beton. Die Treppenhäuser sind außer den Tiefgeschossen die einzigen Relikte der alten UB. Es wäre schön, wenn der rosa Anstrich erhalten bzw. restauriert würde.

Auf einmal frage ich mich, wo die PCs für den Online-Katalog stehen. Die Hausführung bringt es an den Tag, sie fehlen tatsächlich noch, denn das Personal konnte erst gut eine Woche vor der Eröffnung in das Gebäude, wie Katrin Rauhut weiß. Andere Indizien gibt es noch für den Probebetrieb: Das Leitsystem fehlt noch, die Regalbeschriftung ist provisorisch, manche Glaswände sind noch mit rotweißem Flatterband kenntlich gemacht, anstatt einer weißen Zeile die Schrift imitiert.

Ich wechsle in den Parlatoriumsbereich gegenüber des Theaters. Dort kann man bis in das fünfte Obergeschoss, von wo aus man einen schönen Blick zum Kaiserstuhl hat. Bis auf die Arbeitstische mit Leselampen findet sich hier die selbe Möblierung und es gibt einige Gruppenarbeitsplätze mit großem Bildschirm, wo sich eigene PCs anschließen lassen. Von jedem Stockwerk hat man Blick auf den Platz der Alten Synagoge. Im Erdgeschoss liegt das Café Libresso mit Freiterrasse. Das Angebot ist überschaubar und ähnelt dem der anderen Uni-Cafeterien. Die Preise für Gäste sind etwas höher als für Universitätsangehörige. Die Fahrradtiefgarage ist nicht sehr groß, aber es war noch jede Menge Platz, schließlich stellt der gemeine Freiburger Radfahrer sein heilix Blechle am liebsten neben dem Eingang ab.

Ich denke nach einigen Verbesserungen, für die der Probebetrieb ja gedacht ist, ist die neue UB nicht nur ein alltagstaugliches Schmuckstück der Universität und der Stadt, sondern hat auch das Zeug dazu zur Pilgerstätte von Architekturfans zu werden. Auf jeden Fall gefällt mir der Bau besser als der Basler Messeturm, der vom selben Architekten stammt. Abends schaue ich mir Fotos der alten UB an und mir wird etwas wehmütig zumute. Auch dieser Bau hat mir gefallen, mit seinen Ecken und Kanten und dem rosa gestrichenen Beton. Und vor allem, er war so begrünt – die hängenden Gärten von Freiburg. Nun ja, vielleicht wird in einigen Jahrzehnten die dunkle Fassade der heutigen UB ausgetauscht gegen eine gläserne Doppelfassade, gefüllt mit energieproduzierenden Algen. - Man wird ja noch träumen dürfen.

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Eintrag vom: 23.07.2015 Autor: Andreas Schwarzkopf




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